Presse

Bach muss früh die Segel streichen

Beim Schlosskirchenkonzert in Mahlberg gab es spannende musikalische Barock-Duelle.

Abstimmen mit gelben Karten: Das Ensemble Découvertes hat sich ein neues, spannendes Format einfallen lassen. Foto: Sandra Decoux-Kone

MAHLBERG. Die Schlosskirchen-Konzerte sind legendär. Im barocken Inneren des kleinen Oktogons werden immer neue Musikgenüsse präsentiert, so auch am vorigen Sonntag. Dieses Mal bekamen die Zuhörer allerdings nicht ein fertiges Programm vorgesetzt, sondern konnten per erhobenen Stimmzetteln dessen Verlauf massiv beeinflussen.

„Barock-Battle“ hieß der musikalische Wettstreit. Die Idee stammt von dem renommierten Freiburger Ensemble Découvertes. So wie früher zeitgenössische Meister-Komponisten gegeneinander im realen Wettstreit antraten, geschah es nun in der Schlosskirche – natürlich in Abwesenheit der historischen Duellanten. Dafür ließ das Ensemble in typischer Besetzung mit Barockvioline, Traversflöte, Barockcello und extra herbeigeschafftem Cembalo die vorgewählten Kammermusik-Werke ganz wie vor 300 Jahren trefflich erklingen. Dafür sorgten Martin Rupp, Constanze von Baußern, Antoine Billet und Michael Hartenberg. Das Spannende daran: Acht Komponisten traten zur ersten Runde mit schnellen Sätzen in Zweierduellen im K.O.-Verfahren an. Wer es jeweils war, wurde erst am Schluss verraten.

Erst gegen Ende stellte sich somit heraus, dass ausgerechnet Johann Sebastian Bach mit seiner Trisonate G-Dur ebenso vorzeitig ausschied wie Johann Joachim Quantz (Sonata D-Moll), Philipp Telemann (Trisonate D-Dur) und Friedrich Fasch (Trisonate D-Dur). Am Barockensemble lag es wahrlich nicht: Gleichermaßen makellos und ausdrucksstark interpretierte es sämtliche vorerst anonymen Werke mit begeisternder zarter Ausdruckskraft.

Auch bei Pausengesprächen zum Sektgläschen blieb das Namensgeheimnis unverraten. Zum Halbfinale ertönten dann langsame Sätze. Hier flogen, wie sich später herausstellte, auch Jean Marie Leclaire mit einer Trisonate D-Dur und William Williams (Sonata F-Dur) noch heraus. Nicht, weil die alten Barockmeister nicht gefielen. Sondern weil im Musikduell in Mahlberg eben der aktuelle Publikumsgeschmack entschied – teils denkbar knapp. Sieger im Finale wurde letztlich Benedetto Platti mit einer Trisonate G-Dur. Knapp auf dem zweiten Rang landete Robert Christoph Bauer – der gar keine historische Persönlichkeit ist. Der Leipziger Musikhochschulprofessor taucht mit eigenen Kompositionen gerne in Renaissance und Barock ein, offensichtlich auch in Mahlberg hoch überzeugend bis in die Schlussrunde.

Nicht nur Bauer verdient somit ein Kompliment, sondern auch die Mitglieder des Ensemble Découvertes als hoch beeindruckendes Kammermusik-Quartett. Sie boten zum Abschluss nicht nur alle vier Sätze des Barocksiegers Platti, sondern setzten als weitere Zugabe auch noch einen „scheinbarocken“ Adagio-Satz von Bauer drauf. Der konnte sich gleich selbst darüber mit freuen, denn er hatte den stundenlangen Musikstreit in der Schlosskirche mit verfolgt. Vizesieger bei sieben alten Barockklassikern: Das schmeichelt denn doch.

Badische Zeitung:
Von Michael Masson
Mo, 29. Juli 2019
(Zum Artikel Stand: 22.08.2020)


Ein Konzert mit K.o.-Duellen      

Mahlberg (mm). Die Mahlberger Schlosskirchen-Konzerte genießen einen guten Ruf. Im barocken Inneren des kleinen Oktogons werden immer neue Musikgenüsse präsentiert. Nun bekamen die Zuhörer allerdings nicht ein fertiges Programm vorgesetzt, sondern konnten per erhobenen Stimmzetteln dessen Verlauf selbst beeinflussen. „Barock-Battle“ hieß der musikalische Wettstreit.

Die Idee dazu kommt vom renommierten Freiburger „Ensemble Découvertes“. So wie früher zeitgenössische Meister-Komponisten gegeneinander im realen Konkurrenzkampf antraten, geschah es auch in der Schlosskirche. In typischer Besetzung mit Barockvioline, Traversflöte, Barockcello und Cembalo ließ das Ensemble die vorgewählten Kammermusik-Werke wie vor 300 Jahren trefflich erklingen. Dafür sorgten Martin Rupp, Constanze von Baußern, Antoine Billet und Michael Hartenberg. Das Gemeine, aber umso Spannendere daran: Zwar traten acht Komponisten zur ersten Runde mit schnellen Sätzen in Zweierduellen im K.o.-Verfahren gegeneinander an. Doch wer weiterkam, wurde bis zum Schluss nicht verraten. Da erst stellte sich heraus, dass ausgerechnet Johann Sebastian Bach mit seiner Trisonate G-Dur ebenso vorzeitig ausgeschieden war, wie Johann Joachim Quantz (Sonata D-Moll), Philipp Telemann (Trisonate D-Dur) und Friedrich Fasch (Trisonate D-Dur). Am Barockensemble lag es wahrlich nicht: Gleichermaßen makellos und ausdrucksstark interpretierte es sämtliche zunächst anonymen Werke mit begeisternd zarter Ausdruckskraft.

Zum Halbfinale ertönten dann langsame Sätze. Dabei flogen, wie sich später herausstellte, Jean Marie Leclaire mit einer Trisonate D-Dur und William Williams (Sonata F-Dur) raus – teils denkbar knapp. Und wer gewann die Finalrunde? Benedetto Platti mit einer Trisonate G-Dur hauchzart vor Robert Christoph Bauer. Letzterer ist ein Zeitgenosse, die Zuhörer waren quasi auf ihn hereingefallen. Man kann es ihnen nicht verdenken. Denn der Leipziger Musikhochschulprofessor Bauer taucht mit eigenen Kompositionen gerne in Renaissance und Barock ein, auch in Mahlberg überzeugend bis in die Schlussrunde. Wenn das kein Kompliment ist.

Ein solches verdienen selbstredend auch die Mitglieder des „Ensemble Découvertes“ als ein hoch beeindruckendes Kammermusik-Quartett. Sie boten zum Abschluss nicht nur alle vier Sätze des Barock-Siegers Platti, sondern setzten als weitere Zugabe auch noch einen „scheinbarocken“ Adagio-Satz von Bauer drauf. Der konnte sich selbst darüber freuen, denn er hatte den stundenlangen Musikstreit in der Schlosskirche mitverfolgt.

Lahrer Zeitung:
26.07.2019
(Zum Artikel Stand: 22.08.2020)


Exquisite und berührende Vortragskunst

Von Willi Vogl Blansingen. Der Name des Freiburger Ensembles Des-couvertes mit Constanze von Baußnern (Traversflöte), Martin Rupp (Barockvioline), Stephanie Dauer (Barockcello) und Michael Hartenberg (Cembalo) ist Programm. So konnte man nicht nur in der Musik des Freiburger Komponisten Otfried Büsing feine Entdeckungen machen, sondern auch in den variantenreich besetzten Werken der dargebotenen Barockmeister. Die wehmütige Stimmung der anfänglichen Werke in Moll von William Williams und Josef Bodin Boismortier wich in Etappen am Ende mit Georg Friedrich Telemanns Quartett einem hell leuchtenden Dur in gelöster Heiterkeit. Die exquisite Vortragskunst der vier Interpreten jedenfalls hätte auch hartgesottenste Hörer für die verschiedenen Stimmungen der Musik öffnen können. Starke Eindrücke etwa blieben von der Suite von Boismortier. So hörte man im Prélude Lentement von Constanze von Baußnern auf der Traversflöte mit Geschmack und Eleganz reich verzierte Melodielinien und in der Gigue von Stephanie Dauer auf dem Barockcello lebendig hüpfende Tonfiguren mit souveränem Lagenausgleich. Kontrastreiche Dialogformen zwischen Violine und Violoncello konnte man im Ricercata I in G-Dur von Giovanni Platti erleben: Ein behutsam sprechendes Adagio, ein quirliges Allegro mit frischen Echoeffekten, ein ernst getragenes Largo oder ein Presto im lebendigen Wechsel zwischen stabilen Gerüsttönen und leichthändigen Figuren.Martin Rupp und Stephanie Dauer erweckten Bewunderung für so viel kurzweilige melodische Eleganz! In eine völlig andersgeartete Klangwelt gelangte man mit Otfried Büsings „De loin“. Diese Musik nutzt zwar barocke Instrumente, ist aber klanglich und technisch ganz und gar ein Ausdrucksprodukt des 21. Jahrhunders. Wenn-gleich sich nicht alle musikalischen Bögen aufs erste Hören hin erschlossen, war es doch spannend, die weiträumig angelegten Prozesse zu verfolgen: Das mehrmalige Auseinanderdriften einer Melodielinie, die ursprünglich von allen Instrumenten synchron gespielt wurde, düstere Tontrauben und dissonante Schlieren, das Changieren mit fahlen gläsernen Obertönen oder das endzeitliche Klopfen mit einem Filzschlägel im Cembalokorpus. Keine vordergründig unterhaltende Wirkung, wie man sie gemeinhin mit Telemannscher Musik verbindet, sondern tiefgründige Gelassenheit war schließlich in seinem stimmprächtigen Quartett in A-Dur zu erleben. Cembalist Michael Hartenberg überzeugte hier, wie in allen anderen Werken nicht nur durch sein fantasievolles und aufmerksames Continuospiel, sondern auch mit konzertanter Brillanz.

Weiler Zeitung:
Von Willi Vogl
27.09.2013, 20:00 Uhr
(Zum Artikel Stand: 14.07.2015)


Kühn geschwungene Brücke vom Barock zur Gegenwart

Das Ensemble Découvertes macht in der Mahlberger Schlosskirche seinem Namen mit Werken von Boismortier bis Büsing alle Ehre.

MAHLBERG. Das Ensemble Découvertes aus Freiburg sind Constanze von Baußnern (Traversflöte), Martin Rupp (Barockvioline), Stephanie Dauer (Barockcello) und Michael Hartenberg (Cembalo). Sie haben sich unbekannteren Komponisten der Barockzeit verschrieben und geben bei zeitgenössischen Komponisten Werke für alte Instrumentierung in Auftrag.

Davon konnten sich die Zuhörer am Samstagabend in der Mahlberger Schlosskirche überzeugen. Auf dem Programm standen Werke von William Williams (? bis 1701), Giovanni Benedetto Platti (1697 bis 1763), Joseph Bodin de Boismortier (1689 bis 1755), Otfried Büsing, aktuell Professor für Musiktheorie an der Musikhochschule Freiburg, und Georg Philipp Telemann (1681 bis 1767).

Vor der Pause erlebte man nach einem Eingewöhnungsstück in die warm-weiche Klangwelt Williams Sonata in a-moll, ein engagiertes Musizieren. In Giovanni Plattis Ricercata D-Dur wird sehr schön das Folgen der Stimmen von Violine und Cello herausgearbeitet, charaktervoll, plastisch, munter, dann verschmelzend, kraftvoll. Im dritten Satz ist das Wechselspiel sensibel. Wie zwei ineinander gewobene Bänder läuft die Musik. Von D-Dur geht es mit Boismortier in die Parallel-Tonart h-moll. Seine Suite bleibt anfangs fast minimalistisch, nur wenige Töne umspielend. Sie ist typisch barock von zahlreichen Motivwiederholungen gekennzeichnet, der dritte Satz ist feierlich, der vierte virtuos mit viel Fingerfertigkeit in Violine und Flöte, während die anderen beiden Instrumente hier Begleitfunktion haben, der fünfte Satz nimmt die Zuhörer richtig mit. Die Ausführung der folgenden Triosonate G-Dur von Platti zeigt das hohe musikalische Können der Musiker: Pinselschwünge, Tupfen, Girlanden meint man zu sehen. Im dritten Satz fällt ein penetrant ziehendes Motiv auf.

Dann kündigt Michael Hartenberg die neue Musik, das Stück von Otfried Büsing „de loin“ (2013). Es entführt in eine spannungsreiche und die Phantasie anregende Klangwelt. Die Spieltechniken sind gänzlich andere, wenn die Cembalo-Tastatur mit einem Brett vollkommen herunter gedrückt wird, ein Haushaltsquirl beim Anschwingen der Saiten zum Einsatz kommt oder die Flöte die Töne vibrieren lässt und der Hals von Violine und Cello zum Rutschbrett wird. Man mag sich eine Unterwasserwelt vorstellen, in der Luftblasen hier und da aufsteigen, dann wird es im Charakter herb, dumpf, schleichend, im dritten Satz zwischendrin gar unheimlich. Das Cembalo erhält einen furiosen Part und schließlich mündet alles in ein Versinken. Größer könnte der Kontrast nicht sein. Es folgt Telemann: Spiellust, zauberhaft, liebreizend. Das Konzert erfüllte Herz und Seele.

Badische Zeitung:
Von Susanne Ramm-Weber
01. Oktober 2013
(Zum Artikel Stand: 14. 07. 2015)


Eine Reise zwischen Barock und Moderne

Ensemble Découvertes begeistert die Zuhörer beim Konzert in der Schlosskirche

Mahlberg (mm). Das Freiburger Ensemble Découvertes hat sich auf die Fahne geschrieben, Werke aus vergangener Zeit dem drohenden Vergessen zu entreißen und zeitgenössische Musik auf historischen Instrumenten zu spielen. Eine Mischung, die in der Mahlberger Schlosskirche großen Gefallen beim Publikum gefunden hat.

Zum einstieg hatten Constanze von Baußnern (Traversflöte), Stephanie Dauer (Barockcello) und Michael Hartenberg (Cembalo) die „Sonata in A-Moll“ von William Williams gewählt. Schon beim ersten Stück brillierte das Gast-Quartett durch eine ausdrucksstarke Interpretation. Giovanni Benedetto Platti ist als italienischer Komponist des Spätbarock und Hofkapellmeister deutscher Fürstbischöfe nicht einer breiten Masse bekannt – zu Unrecht. Seine „Ricerta in D-Dur“ für Cello und Violine weist temperamentvolle und zugleich lieblich-filigrane Sätze auf, die in ihrer barocken Ausprägung wunderbar in die Schlosskirche passten.

Plattis „Trisonate in G-Dur“ überzeugte später nicht minder durch die klare Flöte, deren Töne barocke Lebensfreude zu versprühen schien.
Noch ein Beinahvergessener: der Franzose Joseph Bodin die Boismortier. Seine „Suite in h-moll“ versetzte die Mahlberger Zuhörer in längst vergangene Zeiten bei Hofe, als barocke Schwermütigkeiten als aktuelle Schlager für die höheren Kreise galten.

Nach der Pause wechselte das Quartett in die Neuzeit. Denn: Das Ensemble hatte den Freiburger Musikprofessor Otfried Büsing gebeten, für seine historischen Instrumente ein modernes Stück zu komponieren. „De Loin“ heißt das experimentelle Werk. Schrille Töne, Disharmonien, überraschende Tempi sind für klassikverhaftete Liebhaber höchst ungewohnt. Aber: Spannungsgeladene Klangerlebnisse mit dramatisch gesetzten Effekten und Tönen wie aus anderer Welt fesselten das Publikum. Alle Instrumente wurden in ihrer Spannbreite ausgeschöpft. Schließlich setzte das Ensemble Découvertes mit Georg Friedrich Telemanns „Pariser Quartett in A-Dur“ noch ein Kontrastbonbon aus der Barockzeit drauf. Mehrere verlangte Zugaben bewiesen: Das Freiburger Quartett landete einen blendenden Erfolg mit seiner musikalischen Entdeckungsreise zwischen Barock und Modernität.

Organisiert worden war das Klangerlebnis von Pfarrer Bernd Walter. Als nächstes spielt in der Schlosskonzertreihe am 19. Oktober das Freiburger Quartett Ensemble Ardinghello romantische Stücke.

Badische Zeitung:
30. September 2013